2014/07/23

Buchrezension: Lifelogging von Stefan Selke

In den letzten Wochen habe ich das Buch "Lifelogging: Wie die digitale Selbstvermessung unsere Gesellschaft verändert" von Stefan Selke gelesen. Als regelmässiger Leser seines Blogs Stabile Seitenlage und da mir seine Posts im SozBlog sehr zugesagt haben, ging ich mit großen Erwartungen in die Auseinandersetzung mit dem Thema Lifelogging.

Licht und Schatten

Der Schreibstil des Autors sagt mir immer wieder zu. Er vermag nämlich komplexe gesellschaftlich Zusammenhänge, so zu präsentieren, dass sie einfach zu verstehen sind, aber dennoch keine bedeutenden Aspekte verloren gehen. Auch finde ich sehr gelungen, dass positive wie auch negative Entwicklungen und mögliche Auswirkungen des Lifeloggings angesprochen werden. Positive sind zwar eindeutig unterrepräsentiert, aber werden zumindest erwähnt, was im Vergleich zur Mainstream Medienlandschaft schonmal einem Quantensprung gleich kommt.

Vor allem das Ende des Buches kam mir dann doch etwas zu langatmig vor. Das letzte Kapitel, ein Ausblick auf die Zukunft (was mMn in  der Soziologie allzu oft fehlt) mal ausgenommen, waren mir Aneinanderreihungen von dystopischen Beschreibungen über mögliche negative Auswirkungen des Lifeloggings auf Dauer einfach zu viel. Auch die Glorifizierung sozialer und psychologischer Mechanismen im Gegensatz zu technischen Regulationssystemen kann ich zwar als Soziologe nachvollziehen, ist jedoch mMn eine antiquierte Haltung, sowohl im Bezug auf Erstere, wie auf Letztere. Eine trennschärfere Auseinandersetzung über Datenanwendungen und Lifelogging-Techniken hätte ich mir überdies gewünscht. 

Fazit

Grundsätzlich halte ich das Buch "Lifelogging" aktuell als sehr notwendig. Es bringt etwas Licht in die Grauzone der datenbasierten Technikanwendungen und deren manifesten, aber auch unintentionierten, Auswirkungen auf die Gegenwartsgesellschaften. Ich halte das Werk auch dazu fähig, eine Debatte über den Umgang mit Daten auf gesamtgesellschaftlicher Ebene anzustossen. Ob diese dann auch objektiv geführt werden kann, wage ich zu bezweifeln. Auch gerade weil ich den Grundtenor des Buch als zu sehr auf negative Auswirkungen von datenbasierten Technologien ausgerichtet empfinde.
Umgekehrt als die Ausrichtung auf ein Zielpublikum eigentlich zu erwarten wäre, würde ich das Buch sehr für den stereotypischen Techie empfehlen um dessen Horizont zu erweitern, als Technologie-interessierte Sozialforscher oder einer kritischen Öffentlichkeit, welche eventuell durch die Lektüre in ihrer Datenparanoia bestärkt werden könnten.